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Energienews 23. September 2019

Richtiger Beschaffungs- zeitpunkt das A und O

Kaum einmal in den zurückliegenden Jahren haben die Energiepreise sich derart schwankend gezeigt wie zuletzt. Prokurist Jörg Kuhlmann bringt es auf den Punkt: „Früher ging es über Monate oder gar Jahre kontinuierlich nach oben oder nach unten. Heute verzeichnen wir dagegen eine starke Volatilität. Manchmal sehen wir innerhalb von zwei Wochen Preisdifferenzen von zehn bis fünfzehn Prozent.“

Veränderte Vorzeichen

In der Vergangenheit war der Strompreis in erster Linie von den Tagesraten von Öl und Kohle getrieben. Heute verzeichnet der Markt eine nahezu 1:1-Korrelation mit CO-2. Die Folge: Innerhalb der letzten drei Jahre hat sich der Strompreis wieder verdoppelt. Doch der Experte relativiert: „Wir stehen aktuell um die 50 EUR/MWh im Base, das ist für uns zunächst jetzt auch ein Tableau, um das der Strompreis pendeln wird. Das ist zwar doppelt so teuer wie etwa 2016, aber vor zehn Jahren standen wir schon einmal bei 80-90 EUR/MWh im Base.“ Der aktuelle Preis sei also „gefühlt hoch, aber im langfristigen Mittel noch absolut okay.“

Preisfaktoren bei Öl und Gas

Neben politischen Einflussfaktoren spielen auch andere, klimabedingte Veränderungen eine Rolle bei den fossilen Brennstoffpreisen. „Wir sehen in diesem Jahr zunächst einen deutlichen Preisverfall. Warum? Es gibt quasi keine Winter mehr. Die milde Witterung führt zu mehr Gas im Markt. Im Winter werden die Speicher nicht mehr leergefahren. Es entsteht ein Überangebot im Markt und in der Folge ist im Sommer keine Einspeicherung in zuvor üblichen Größenordnungen mehr notwendig.“ Das alles drücke auf die Preise. Beim Erdgas sei ein deutlicher Verfall gegenüber dem Vergleichsquartal 2018 um minus 25 Prozent für Langfristprodukte zu verzeichnen.

Neue Marktfaktoren führen zu geändertem Einkauf

Die Stadtwerke Soest haben sich einkaufsseitig dem Markt angepasst. Das Unternehmen nutzt die Volatilitäten aus. Ziel sollte es aus Unternehmersicht nicht sein, beispielsweise an einem Tag fünf Angebote nebeneinander zu legen und das günstigste zu nehmen, sondern alle Faktoren zu berücksichtigen. „Es sind immer neue Einflussfaktoren von außen relevant: Klimapakt, Saudi-Arabien, zu wenig Wasser im Rhein,“ so die Fachleute. Dies habe zwar alles in der Regel keine langfristigen Preiseffekte, aber führe zu kurzen und heftigen Ausschlägen. Deshalb sollte nach Meinung der Experten „nicht zwei Tage nach Saudi-Arabien ein Preis für die Folgejahre angefragt werden.“ Der sei dann naturgemäß hoch, normalerweise eine Woche später aber wieder deutlich günstiger.

Weltweite Marktbeobachtung

Die Fachleute der Stadtwerke Soest beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit Beschaffungsstrategien und konsultieren täglich nationale und internationale Quellen, Wetterprognosen und exklusive Verlautbarungen von Erzeugerseite, um ihre Schlüsse zu ziehen. Denn es sind – wie oben gezeigt - viele Faktoren, die auf die Weltmarktpreise einwirken und sie in die eine oder andere Richtung beeinflussen. Diese Aspekte frühzeitig zu erkennen und richtig einzuordnen, verschafft den Wettbewerbsvorteil, von dem die Stadtwerke und ihre Kunden profitieren.

Beschaffung über das ganze Jahr

Eine zentrale Erkenntnis dabei: Wer Energie beschafft, braucht dazu langfristige und ganzjährige Strategien. Niemals wird ein Portfolio nur mit dem einen großen Schlag gedeckt, denn selbst wenn subjektiv ein attraktiver Preis verlockend erscheint, wer kann mit Sicherheit ausschließen, dass die Spirale nicht weiter nach unten geht. Dann entpuppt sich das vermeintliche Schnäppchen als böse Hypothek.

Energiebeschaffung ist eine Wissenschaft

Nicht zuletzt deshalb haben sich bereits Generationen von Energiewirtschaftlern in Dutzenden von Büchern und akademischen Abhandlungen mit der Berechnung der geeigneten Beschaffungszeiträume beschäftigt. Aus diesen Erkenntnissen schöpfen die Fachleute der Stadtwerke Soest und ziehen ihre Schlüsse. So entstehen geeignete Beschaffungsstrategien, von denen die Stadtwerke und deren Kundinnen und Kunden langfristig profitieren.