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28. September 2021

Rekordniveau bei Preisen für Strom und Erdgas

Der Begriff „All-time-High“ bezeichnet als Fachbegriff in der Finanzwelt ziemlich genau das, was hierzulande „Allzeithoch“ genannt wird und den höchsten, jemals zustande gekommenen Preis oder Börsenkurs beschreibt. Naturgemäß wird dieser Begriff, weil er ja ein normalerweise eher rares Phänomen bezeichnet, als absoluter Superlativ selten verwendet. In der Energiewirtschaft gehört er aber gegenwärtig quasi zur Alltagssprache. Der Grund: Am Strom- und Erdgas-Spotmarkt jagen sich die Preis-Superlative. Gas kostet in diesen Tagen oft über 70€ pro Megawattstunde – vor gut einem Jahr waren es gerade mal 5€ am Spotmarkt. Der kurzfristige Terminmarkt für 2022 liegt aktuell bei über 40 Euro je Megawattstunde.

Gründe für die Preisexplosion

Sucht man nach den Ursachen für diese Dynamik, landet man bei einer Vielzahl von Gründen. Zum einen hat das Wiederanspringen der Konjunktur seit dem Sommer in China und zahlreichen Schwellenländern die Nachfrage deutlich erhöht. Des Weiteren hat Russland seine Gaslieferungen nach Europa gedrosselt. Offizielle Erklärung: Man warte auf die Inbetriebnahme der Nord Stream 2-Leitung. Dazu kommt: Der Anstieg der Kosten für die Emissionszertifikate in Deutschland und Europa erhöht die Gasnachfrage, weil dieser Brennstoff weniger CO2-Emissionen verursacht als Braun- oder Steinkohle. Zudem sind alle Commodities wie Öl, Kohle und andere auf hohem Niveau.

Speicher sind leer wie selten

Nicht wenige Experten sehen hinter der Verknappung aber auch strategische Interessen Russlands. Der Staatskonzern Gazprom und Staatschef Vladimir Putin, so die Meinung von Branchenkennern, versuchten über künstlich herbeigeführte Engpässe, das Genehmigungsverfahren für Nord Stream 2 zu beschleunigen. Der Weg über die Ukraine wird von Russland deutlich weniger frequentiert als zuletzt – die beiden Staaten stehen sich seit der Annexion der Krim im Jahre 2014 ausgesprochen feindselig gegenüber. Kamen 2019 über diesen Weg noch rund 90 Mrd. Kubikmeter Erdgas, so werden es in diesem Jahr laut Transitvertrag weniger als die Hälfte, nämlich gerade mal 40 Mrd. Kubikmeter, sein. Dazu kommt: Die Gazprom-Speicher in Deutschland und Europa sind allesamt so leer wie selten. Normalerweise sind sie um diese Zeit, Ende September - kurz vor Beginn der Heizperiode, gut gefüllt. Gazprom betreibt rund ein Viertel der Speicherkapazitäten in Deutschland.

Historie Füllstand Gasspeicher Rehden, Bild: Stadtwerke

Verknappung mit unabsehbaren Folgen

Weil der Preis gegenwärtig besonders hoch ist, liegt der Anreiz für Händler, sich jetzt in den Speichern mit Erdgas einzudecken, entsprechend niedrig. Denn das Risiko ist hoch. Würde der Preis – warum auch immer – fallen, würden die Käufer von heute hohe Verluste hinnehmen müssen. Alles in allem sind aber auch die Risiken für die Wirtschaft innerhalb der EU nicht gering. Denn käme bei der vorliegenden Ausgangssituation ein besonders kalter Winter, könnten tatsächlich Lieferengpässe bis hin zu Abschaltungen von Gaskraftwerken die Folge sein.

Preise bleiben hoch

Wenn auch diese Szenarien eher in den Bereich der Extremsituationen gehören, die nicht unbedingt so erwartet werden müssen, so bleibt eine andere Prognose doch sehr wahrscheinlich: Vor dem Hintergrund der vorliegenden Erkenntnisse erscheinen deutlich zurückgehende Marktpreise für Erdgas und Strom in den kommenden Monaten eher unwahrscheinlich. Viel eher zu erwarten ist es, dass sich die Frequenz der „All-time-Highs“ weiterhin erhöht.

Mehr Informationen zum Thema Strom- und Gaspreise unter: www.stadtwerke-soest.de Ansprechpartner: Vertriebsteam Stadtwerke Soest, Jörg Kuhlmann E-Mail: j.kuhlmann@stadtwerke-soest.de

 

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